§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Personen (Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber), die aufgrund laufender oder früherer beruflicher Verbindung zu einem Rechtsträger des privaten (§ 5 Z 11) oder des öffentlichen Sektors (§ 5 Z 10) Informationen über Rechtsverletzungen erlangt haben

           1. als Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Bedienstete des Rechtsträgers oder als an den Rechtsträger überlassene Arbeitskräfte oder

           2. als Bewerberinnen oder –bewerber um eine Stelle, als Praktikantinnen oder Praktikanten, Volontärinnen oder Volontäre beim Rechtsträger oder als sonstige beim Rechtsträger Auszubildende oder

           3. als selbständig erwerbstätige Personen oder

           4. als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Rechtsträgers oder

           5. indem sie unter der Aufsicht und Leitung eines Auftragnehmers, einer Auftragnehmerin, eines Subunternehmers oder einer Subunternehmerin des Rechtsträgers oder dessen Lieferantinnen oder Lieferanten arbeiten oder arbeiteten.

(2) Dieses Bundesgesetz gilt auch für Anteilseignerinnen und Anteilseigner von Rechtsträgern, die aufgrund laufender oder früherer beruflicher Verbindung zu diesem Rechtsträger Informationen über Rechtsverletzungen erlangt haben.

(3) Die Vorschriften des 4. und 5. Hauptstücks gelten auch

           1. für natürliche Personen, die Hinweisgeberinnen oder –geber bei der Hinweisgebung unterstützen,

           2. für natürliche Personen im Umkreis der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers, die, ohne die Hinweisgebung zu unterstützen, von nachteiligen Folgen der Hinweisgebung wie Vergeltungsmaßnahmen betroffen sein können, sowie

           3. für juristische Personen zur Gänze oder teilweise im Eigentum der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers oder für die die Hinweisgeberin oder der Hinweisgeber arbeitet oder mit denen sie oder er in einem beruflichen Zusammenhang anderweitig in Verbindung steht.

(4) Dieses Bundesgesetz gilt für die in den Abs. 1 und 2, die Vorschriften des 4. und 5. Hauptstückes gelten für die in Abs. 3 aufgezählten Personen auch dann, wenn der Hinweisgebung eine laufende oder frühere berufliche Verbindung zu einer anderen Gebietskörperschaft als dem Bund oder zu einem sonstigen landesgesetzlich eingerichteten Rechtsträger des öffentlichen Sektors zugrunde liegt und der Hinweis eine Rechtsverletzung im Sinne des § 5 Z 12 zum Gegenstand hat.

Erläuterungen des Ministerialentwurfs

Zu § 2 HSchG:

In enger Anlehnung an Art. 4 der Richtlinie definiert § 2 insgesamt den Kreis jener Personen, die entweder im Zusammenhang mit einem von ihnen gegebenen Hinweis oder weil sie einem bestimmten Umkreis zur Hinweisgebung angehören, Anspruch auf den Schutz nach dem HSchG haben.

Im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieses Schutzes bestimmen die Abs. 1 und 2, welchen Personen sowohl die institutionellen Zugänge für die Hinweisgebung (interne und externe Meldestellen) offenstehen als auch der vollständige spezifische Rechtsschutz nach dem vierten Hauptstück (Haftungsbefreiung, Beweislastverteilung, Befreiung von Geheimhaltungsverpflichtungen, Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen) zugutekommen soll.

Bei der Festlegung des Kreises dieser Personen knüpft der Entwurf wie Art. 4 Absatz 1 der Richtlinie an den beruflichen Kontext an: Wer im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und diese durch einen Hinweis aufdeckt, soll zum Kreis geschützter Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber gehören, weil als Folge des Hinweises wirtschaftliche Nachteile für die berufliche Tätigkeit zu befürchten sind. Wirtschaftliche Nachteile sind vor allem dann zu befürchten, wenn eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit zur Person besteht, auf die sich der Hinweis bezieht. Eine solche wirtschaftliche Abhängigkeit besteht in erster Linie aus einem bestehenden oder angestrebten Arbeitsverhältnis heraus. Aber auch selbständige Geschäftspartner und –partnerinnen einer von einem Hinweis betroffenen Person können sich zur Unterlassung eines Hinweises genötigt sehen, da sie durch die notwendige Verletzung der Vertraulichkeits- und Loyalitätspflicht ihre Geschäftsbeziehung verlieren und wirtschaftliche Nachteile bis zum Geschäftsboykott erleiden können. Die berufliche Verbindung ist es, die selbst bei Anteilseignerinnen und -eignern und Mitglieder in Leitungsgremien eines Rechtsträgers die Befürchtung von Vergeltungsmaßnahmen, finanziellen Einbußen, Einschüchterung oder Mobbing, Eintragung in „schwarze Listen“ oder Rufschädigung substanzieller macht.

Vom Arbeitnehmerbegriff des § 2 Abs. 1 Z1 sind arbeitnehmerähnliche Personen und freie Dienstnehmerinnen und –nehmer nicht umfasst, diese fallen jedoch wie sonstige quasi-selbständige und außerhalb eines Arbeitsverhältnisses stehende Personen in beruflicher Nähe zum Rechtsträger unter die Z 3 des § 2 Abs. 1  („selbständig erwerbstätige Personen“).

Der für den Personenkreis des § 2 Abs. 1 und 2 gewählte Begriff der „beruflichen Verbindung“ darf jedoch nicht zu sehr eingeengt werden, insbesondere nicht auf das Erfordernis einer Vertragsbeziehung zwischen der Hinweisgeberin oder dem Hinweisgeber auf der einen Seite und der vom Hinweis betroffenen Person auf der anderen Seite. Die Richtlinie lässt in diesem Zusammenhang als Eingrenzung des persönlichen Mindestanwendungsbereichs lediglich zu, dass die Information über eine Rechtsverletzung im beruflichen Zusammenhang erlangt wurde, nicht dass eine direkte vertragliche Verbindung zwischen der hinweisgebenden und der vom Hinweis betroffenen Person vorauszusetzen ist.

Der Voraussetzung einer beruflichen Verbindung entspricht für den Regelsachverhalt, dass der Hinweis die Qualität eines Insiderwissens aufweist, das nur über die berufliche Tätigkeit zu erlangen ist. Die Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs in den Abs. 1 und 2 auf Personen in beruflicher Verbindung führt dazu, dass unbeteiligte Dritte, außenstehende Beschwerdeführerinnen und –führer nicht dem Schutz des HSchG für Hinweisgeber und Hinweisgeberinnen unterliegen.

Abs. 3 definiert jene natürlichen und juristischen Personen im Umfeld einer Hinweisgeberin oder eines Hinweisgebers, die, ohne selbst einen Hinweis nach dem HSchG gegeben zu haben, besonders als Opfer indirekter Vergeltungsmaßnahmen in Betracht kommen. Sie sollen dem Entwurf nach den Bestimmungen des vierten Hauptstücks unterliegen. Eine berufliche Verbindung zur Person, auf die sich der Hinweis bezieht, wird für den Personenkreis des Abs. 3 nicht vorausgesetzt. Zu diesem Personenkreis sind neben den die Hinweisgebung, soweit sie unter das HSchG fällt, aktiv unterstützenden Personen vor allem Arbeitskolleginnen und –kollegen, Verwandte der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers sowie juristische Personen im Eigentum der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers zu zählen.