§ 5 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

           1. „DSGVO“: Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 74 vom 04.03.2021 S. 35;

           2. „externe Stelle“: Organisation oder Organisationseinheit, die außerhalb jener Rechtsträger des privaten oder des öffentlichen Sektors eingerichtet ist, auf die sich ein Hinweis bezieht, die keine Stelle gemäß Z 9 ist und die diesen Hinweis entgegennimmt, überprüft sowie im Hinblick auf Folgemaßnahmen oder sonst weiter behandelt;

           3. „Folgemaßnahme“: ab der Abgabe und infolge eines Hinweises ergriffene Maßnahme einer internen oder externen Stelle, einer Organisationseinheit eines Unternehmens, einer Verwaltungsbehörde, eines Gerichts oder der Staatsanwaltschaft wie die Prüfung der Stichhaltigkeit des Hinweises, interne Nachforschungen, Ermittlungen, oder die Veranlassung, Einleitung, Durchführung oder Beendigung eines Verfahrens oder sonstige Maßnahme zum weiteren Vorgehen gegen den Verstoß, zur Strafverfolgung oder zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes;

           4. „Hinweis(gebung)“: Von einer Hinweisgeberin oder einem Hinweisgeber im Wege der Meldung oder Veröffentlichung bewirkte Weitergabe von Informationen, denen zufolge eine Rechtsverletzung erfolgte oder erfolgen wird;

           5. „Hinweisgeberin“ bzw. „Hinweisgeber“: eine der in § 2 Abs. 1, 2 und 4 aufgezählten Personen, die einer internen oder externen Stelle einen Hinweis gibt oder einen Hinweis veröffentlicht;

           6. „interne Stelle“: natürliche Person oder aus mehreren Personen zusammengesetzte Abteilung oder sonstige Organisationseinheit innerhalb eines Unternehmens oder einer juristischen Person des öffentlichen Sektors, die Hinweise entgegennimmt, überprüft sowie im Hinblick auf Folgemaßnahmen oder sonst weiter behandelt;

           7. „Juristische Person des öffentlichen Sektors“:

               a) juristische Person des öffentlichen Rechts, deren Organisation bundesgesetzlich geregelt ist oder

               b) juristische Person des privaten Rechts, an der der Bund oder eine juristische Person gemäß lit. a allein oder gemeinsam mit anderen Gebietskörperschaften oder mit einer juristischen Person gemäß lit. a mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist oder die der Bund oder eine juristische Person gemäß lit. a allein oder gemeinsam mit anderen Gebietskörperschaften oder mit einer juristischen Person gemäß lit. a betreibt oder durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht, jedenfalls aber jede in einem solchen Verhältnis zum Bund stehende juristische Person des privaten Rechts, deren Gebarung der Überprüfung durch den Rechnungshof unterliegt oder

                c) juristische Person, die vom Bund zum Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen und die überwiegend vom Bund oder einer anderen Einrichtung mit solchem Zweck finanziert wird oder hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dem Bund oder dieser Einrichtung untersteht oder ein Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan hat, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Bund oder einer anderen Einrichtung mit solchem Zweck ernannt worden ist oder

               d) Verband, der aus einer juristischen Person oder mehreren juristischen Personen gemäß lit. a, b oder c besteht;

           8. „klassifizierte Information“: Information, Material oder Nachricht im Sinne des § 3 Z 39 des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012, BGBl. I Nr. 10/2012 oder des § 2 der Informationssicherheitsverordnung, BGBl. II Nr. 548/2003 in der Fassung des BGBl. II Nr. 268/2022;

           9. „mit den Aufgaben der internen Stelle beauftragte Stelle“: im Sinne des § 13 Abs. 4 für Unternehmen oder juristische Personen des öffentlichen Sektors gemeinsam eingerichtete Stelle oder Dritte, die die Aufgaben der internen Stelle wahrnehmen;

        10. „Rechtsträger des öffentlichen Sektors“: Juristische Personen des öffentlichen Sektors im Sinne der Z 7 zuzüglich der Organisationseinheiten und jener natürlichen Personen, deren Handeln der juristischen Person des öffentlichen Sektors zuzurechnen ist;

        11. „Rechtsträger des privaten Sektors“: Unternehmen im Sinne der Z 14 zuzüglich sonstiger rechtsfähiger Personenvereinigungen und natürlicher Personen, die nicht eine der Merkmale der Z 10 erfüllen;

        12. „Rechtsverletzung“: Verstoß gegen eine der in § 3 Abs. 3 bis 5 genannten Rechtsvorschriften oder deren Ziel oder Zweck, erhebliche Missstände und Unregelmäßigkeiten in den in § 3 Abs. 3 bis 5 genannten Bereichen sowie darauf bezogene Verschleierungs- und versuchte Verschleierungshandlungen;

        13. „Richtlinie 2019/1937/EU“: Richtlinie 2019/1937/EU zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ABl. Nr. L 305 vom 26.11.2019 S. 17 in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 2020/1503, ABl. Nr. L 347 vom 20.10.2020 S. 1, und der Verordnung (EU) Nr. 2022/1925, ABl. Nr. L 265 vom 12.10.2022 S. 1;

        14. „Unternehmen“: juristische Person des Privatrechts oder rechtsfähige Personengesellschaft, die nicht eine der Merkmale der Z 7 erfüllt;

        15. „Veröffentlichung“: Hinweisgebung durch öffentliches Zugänglichmachen eines Hinweises.

Erläuterungen des Ministrialentwurfs

Zu § 5 HSchG:

Zum Zweck einer wesentlichen Textverknappung und um den Zentralbegriffen der Richtlinie in den Umsetzungsvorschriften einen möglichst eindeutigen Inhalt zu geben, enthält der Entwurf in § 5 eine Reihe von Legaldefinitionen. Dabei handelt es sich zum Teil (z. B. bei den Begriffen „interne“ oder „externe Stelle“, „Unternehmen“, „juristische Person des öffentlichen Rechts“, „Rechtsträger“) um eigens für die speziellen Regelungszwecke des HSchG gewählte Festlegungen der Begrifflichkeit und ihrer Bedeutung.

Besonders zu erläutern wären folgende Begriffe:

Zu Z 6: Dem Begriff „juristische Person des öffentlichen Rechts“ entspricht in der Richtlinie der Begriff „juristische Person des öffentlichen Sektors“ (z. B. in Art. 8 Abs. 9 der Richtlinie). In Umsetzung der Richtlinie spielt der Bedeutungsumfang von „juristischer Person des öffentlichen Sektors“ vor allem eine Rolle hinsichtlich der Verpflichtung zur Einrichtung interner Meldestellen (erster und zweiter Hauptstück des HSchG). Nach der Richtlinie ist die öffentliche Hand (Hoheitsverwaltung und näher zu bestimmende Privatwirtschaftsverwaltung) zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtet, dies jedoch nur hinsichtlich der Organisationseinheiten in Form juristischer Personen und, soweit gesetzlich so vorgesehen, nur wenn sich diese Organisationseinheiten aus mindestens 50 Bediensteten zusammensetzen.

Die Festlegung des Bedeutungsumfangs in Z 6 ist Ergebnis folgender Überlegungen: Das öffentliche Auftragswesen (Art. 2 Abs. 1 lit. a) sublit. i) der Richtlinie) ist ein wichtiger Teil des sachlichen Anwendungsbereichs der Richtlinie. Daher können zur Konkretisierung des unionsrechtlichen Begriffs „öffentlicher Sektor“ bzw. „juristische Person des öffentlichen Sektors“ explizitere Begriffsverwendungen im Zusammenhang der unionsrechtlichen Regelung der öffentlichen Auftragsvergabe herangezogen werden. Art. 2 Abs. 1 Z 1 und 4 der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe ist insofern einschlägig, als der Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ und, diese einschließend, „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ definiert werden. Diese Definitionen übernimmt § 4 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes 2018, sodass innerstaatlich bereits eine vergleichbare und geeignete Grundlage für die Definition des öffentlichen Sektors im Sinne der Richtlinie gegeben ist.

Die vorgeschlagene Definition der „juristischen Person des öffentlichen Rechts“ im HSchG beruht daher auf § 4 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes 2018 und umfasst Rechtsträger der Hoheits- und der Privatwirtschaftsverwaltung im Umfang dieser Bestimmung, soweit sie juristische Personen sind.

Zu Z 9 und 10: Die Verwendung der Begriffe „Rechtsträger des öffentlichen Rechts“ und „Rechtsträger des Privatrechts“ dient einer begrifflichen Zusammenfassung jener in der Richtlinie geregelten Sachverhalte, in denen ein Kreis natürlicher oder juristischer Personen von der Hinweisgebung betroffen ist, der nach der Richtlinie weiter sein kann als der zur Einrichtung interner Meldestellen Verpflichteten: Der Entwurf geht der hM (z. B. der in der EU-Expertengruppe zur Umsetzung der Richtlinie von der Kommission und den Mitgliedstaaten vertretenen Standpunkte) entsprechend davon aus, dass die Richtlinie für die Mitgliedstaaten verpflichtend interne Meldestellen nur für den öffentlichen und privaten Sektor in der Form juristischer Personen vorsieht und nur dann, wenn die jeweilige Organisationseinheit mindestens 50 Beschäftigte aufweist.

Die Begriffe „Rechtsträger des öffentlichen Rechts“ und „Rechtsträger des Privatrechts“ haben daher den in Z 9 und 10 definierten weiteren Umfang als die Begriffe „juristische Person des öffentlichen Rechts“ in Z 6 (für den „öffentlichen Sektor“) und „Unternehmen“ in Z 13 (für den „privaten Sektor“) und sind im Regelungszusammenhang des persönlichen Geltungsbereichs und der Einrichtung und des Verfahrens der externen Stellen erforderlich.

Zur Abgrenzung des „privaten Sektors“ vom „öffentlicher Sektor“ s. zu Z 13.

Zu Z 11: Der Begriff „Rechtsverletzung“ steht anstelle des in der Richtlinie verwendeten Begriffs „Verstoß“, umfasst aber wie dieser im Sinne des Art. 5 Z 1 lit. ii) der Richtlinie auch Zuwiderhandlungen gegen das Ziel oder den Zweck einer Rechtsvorschrift. Entsprechend dem in Z 3 definierten Begriff „Hinweis“ bzw. „Hinweisgebung“ kann der Hinweis auch in der Behauptung einer erst bevorstehenden Rechtsverletzung oder der Verschleierung einer Rechtsverletzung bestehen.

Zu Z 13: Wie der Begriff „juristische Person des öffentlichen Rechts“ für den öffentlichen Sektor umfasst der Begriff „Unternehmen“ für den privaten Sektor jene Organisationseinheiten in Form juristischer Personen, die ab einer Größe von 50 Beschäftigten zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtet sind. Dabei ist die Definition des „privaten Sektors“ und des „Rechtsträgers des Privatrechts“ wie die des „Unternehmens“ (als Teilmenge des „Rechtsträgers des Privatrechts“) negativ, in Abgrenzung von dem begriffsinhaltlich positiv in Z 6 definierten öffentlichen Sektor festgelegt: Alle Organisationseinheiten in Form juristischer Personen, die nicht juristische Personen oder sonstige Rechtsträger des öffentlichen Rechts sind, sind „Unternehmen“.

Unter den Begriff „Unternehmen“ fallen iSd Entwurfs daher nicht nur gewinnorientiert, gewerblich, wirtschaftlich etc. tätige Unternehmen iSd § 1 Abs. 2 Unternehmensgesetzbuch, sondern auch juristische Personen wie Vereine und gemeinnützige Organisationen.