(1) Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigten Hinweises erfolgt sind, sind rechtsunwirksam, insbesondere die folgenden Maßnahmen:
1. Suspendierung, Kündigung oder vergleichbare Maßnahmen
2. Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags
3. Herabstufung oder Versagung einer Beförderung
4. Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Minderung des Entgelts, Änderung der Arbeitszeit
5. Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen
6. negative Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Dienstzeugnisses
7. Disziplinarmaßnahme, Rüge oder sonstige Sanktion einschließlich finanzieller Sanktionen
8. vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen
9. Entzug einer Lizenz oder einer Genehmigung.
Die juristische oder natürliche Person, der die Vergeltungsmaßnahme zuzurechnen ist, ist zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, zum Ersatz des Vermögensschadens sowie zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet.
(2) Die juristische oder natürliche Person, der eine der folgenden Maßnahmen als Vergeltung für einen berechtigten Hinweis zuzurechnen ist, ist zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes, zum Ersatz des Vermögensschadens sowie zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet:
1. Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder Ausgrenzung
2. Diskriminierung, benachteiligende oder ungleiche Behandlung
3. Nichtumwandlung eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Fällen, in denen eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zu Recht erwarten durfte, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen
4. Schädigung einschließlich Rufschädigung, insbesondere in den sozialen Medien, oder Herbeiführung finanzieller Verluste einschließlich Auftrags- oder Einnahmeverluste
5. Erfassung der Hinweisgeberin oder des Hinweisgebers auf einer schwarzen Liste auf Basis einer informellen oder formellen sektor- oder branchenspezifischen Vereinbarung mit der Folge, dass die Hinweisgeberin oder der Hinweisgeber sektor- oder branchenweit keine Beschäftigung mehr findet
6. psychiatrische oder sonstige Zuweisung zu ärztlicher Behandlung.
Erläuterungen des Ministerialentwurfs
Zu § 20 HSchG:
Art. 19 der Richtlinie enthält einen Katalog möglicher konkreter Tatbestände, die bei Maßnahmen der Vergeltung für einen Hinweis verwirklicht sein können. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, solche Maßnahmen zu untersagen.
In der EU-Expertengruppe zur Umsetzung der Richtlinie vertrat die Kommission den Standpunkt, dass Art. 19 nicht anders als in Richtung einer Verpflichtung zur Aufnahme des gesamten Katalogs in seiner Ausführlichkeit und Konkretheit in das innerstaatliche Recht verstanden werden kann.
Diesem Standpunkt kann schon insofern gefolgt werden, als die konkrete Konzeption der Vergeltungstatbestände die Rechtsanwendung wesentlich erleichtert. Nachdem überdies die Vergeltungsmaßnahmen aufgrund des Art. 23 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie im innerstaatlichen Recht als strafbare Handlungen zu verankern sind, ist eine detaillierte Ausgestaltung der Tatbestände auch im Sinne des Gebots der ausreichenden Bestimmtheit von Strafnormen wünschenswert.
Im Entwurf ist – von der Strafbarkeit der Vergeltungsmaßnahmen in § 24 Z 2 abgesehen – die Umsetzung des Art. 19 in § 20 HSchG dergestalt vorgesehen, dass
1.) reversible Vergeltungsmaßnahmen wie Suspendierung, Kündigung, Versagung einer Beförderung für rechtsunwirksam erklärt werden oder zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes verpflichten (Abs. 1), während
2.) bestimmte Vergeltungsmaßnahmen, die zum Teil oder gänzlich nicht rückgängig gemacht werden können, wie z. B. Nötigung, Einschüchterung oder Zumutung einer ärztlichen Behandlung in erster Linie Schadenersatzansprüche auslösen (Abs. 2).
Mit der zu 2.) in § 20 Abs. 2 getroffenen Lösung wird gleichzeitig Art. 21 Abs. 8 der Richtlinie umgesetzt.
Der Richtlinie entsprechend stehen die aus diesen Bestimmungen zum Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen ableitbaren Ansprüche allen in § 2 genannten Personen offen.