(1) Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sollen prüfen, ob sie einen Hinweis zunächst einer internen Stelle geben können. Einer externen Stelle sollen Hinweise vor allem dann gegeben werden, wenn die Behandlung des Hinweises im internen Hinweisgebersystem entsprechend den Bestimmungen des 2. Hauptstücks nicht möglich, nicht zweckentsprechend oder nicht zumutbar ist oder sich als erfolglos oder aussichtslos erwiesen hat.
(2) Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber, die einen Hinweis im Sinne des § 5 Z 15 veröffentlichen, haben Anspruch auf Schutz nach den Bestimmungen des 4. Hauptstücks unter der Voraussetzung ihrer Schutzwürdigkeit (§ 6), und
1. unter der Voraussetzung, dass sie den Hinweis zuvor einer internen oder externen Stelle gegeben haben, ohne dass innerhalb der in den § 13 Abs. 9 und § 17 Abs. 6 bestimmten Fristen geeignete Folgemaßnahmen getroffen worden wären, oder
2. eines hinreichenden Grundes zur Annahme, dass sie bei einem vorherigen Hinweis an eine externe Stelle Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten haben oder aufgrund der besonderen Umstände des Falls geringe Aussichten bestehen, dass wirksam gegen die Rechtsverletzung vorgegangen wird, insbesondere weil Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten oder weil Absprachen oder eine Beteiligung der externen Stelle befürchtet werden, oder
3. eines hinreichenden Grundes zur Annahme, dass die Rechtsverletzung eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, wie etwa in einer Notsituation oder bei Gefahr eines irreversiblen Schadens.
Erläuterungen des Ministerialsentwurfs
Zu den §§ 14 bis 17 HSchG:
Als zusätzliche Instrumente der Unterstützung der Hinweisgebung im Vergleich zum geltenden Recht ist wie die Verankerung der internen Meldekanäle Einrichtung und Verfahren der externen Meldekanäle neuartig und wesentlich.
§ 14 setzt zunächst auch in diesem Regelungszusammenhang den Anreiz fort, Hinweise, soweit tunlich und zweckmäßig, einem internen Meldekanal zu geben, bevor der Hinweis in einen externen Meldekanal eingebracht wird. Diese Bestimmung ist als „soft law“ anzusehen und sanktionslos: Entsprechend Art. 10 der Richtlinie bleibt es Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern vorbehalten, sich gegebenenfalls auch direkt an einen externen Meldekanal zu wenden.
In den Art. 10 bis 14 und 16 bis 18 schreibt die Richtlinie für die externen Meldekanäle konkret die Eignungsvoraussetzungen, die Verfahrensabläufe und –garantien vor und dass externer Meldekanal eine Behörde sein muss (Art. 11 Abs. 1). Die Richtlinie lässt aber offen, wie viele externe Meldestellen eingerichtet werden können, ob diese schon Teil des bestehenden Behördensystems sein können oder neu eingerichtet werden und für welches Rechtsgebiet sie tätig sind.
Der Entwurf zielt auf eine Zentrierung der externen Stellen so weit wie möglich ab. Eine einheitliche Anlaufstelle für alle externen Hinweise ergibt einige Vorteile: Sie erspart komplexe Fragen der Zuständigkeit für jeden der sachlichen Anwendungsbereiche der Richtlinie, die sich bei mehreren externen Meldestellen stellen würden. Für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber ist eine einheitliche Anlaufstelle leichter zugänglich. Die Vertraulichkeit und der Datenschutz können besser gewahrt werden, als wenn durch eine Zuständigkeitsvielfalt Weiterleitungen von Informationen notwendig werden. Das beträchtliche Know-how, das für die behördliche Auseinandersetzung mit Hinweisen erforderlich ist (spezialisierte Kontaktaufnahme und –pflege, Einschätzung der rechtlichen Relevanz und der behördlichen Zuständigkeiten, Beantwortungsmanagement, Einhaltung der datenschutzrechtlichen Verpflichtungen u.v.a.m.), kann gebündelt werden. Die Vorkehrungen für das Hinweisgebersystem nach dem Stand der Technik und internationaler Erfahrung mit Whistleblowersytemen müssen nur an einer Stelle getroffen werden, was bei der Zentrierung an einer Stelle geringere Kosten verursacht. Schließlich hat die Verfügung der Zuständigkeit einer einheitlichen, neu zu benennenden Stelle für externes Whistleblowing die Symbolkraft neuer Möglichkeiten für Whistleblowing aufgrund neuartiger Vorschriften.
Im Entwurf wird vorgeschlagen, das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung zur einheitlichen Stelle sowohl für externe Hinweise zuständig zu machen, die den „privaten Sektor“ im Sinne der Richtlinie betreffen, als auch für externe Hinweise, die sich auf den „öffentlichen Sektor“ beziehen.
Die Zuständigkeit des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung als externe Stelle für den „öffentlichen Sektor“ ist weiter als die der Bundesdisziplinarbehörde nach § 11 Abs. 4 für die Hoheitsverwaltung: Erstens umfasst sie auch die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes, sämtliche ausgelagerte und sonstige öffentliche Rechtsträger des Bundes sowie sonstige Rechtsträger des öffentlichen Rechts (einschließlich z. B. gesetzlicher Interessenvertretungen) – und dies zusätzlich auch hinsichtlich anderer Rechtsträger als juristischer Personen.
Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung wird nach dem Entwurf auch zuständig für Hinweise, die sich auf eine andere Gebietskörperschaft als den Bund oder auf einen sonstigen landesgesetzlich eingerichteten Rechtsträger des öffentlichen Rechts beziehen, soweit die Hinweise die Verletzung einer bundesrechtlichen Vorschrift zum Gegenstand haben. Die zuletzt genannte Zuständigkeit folgt in Abgrenzung von der Zuständigkeit der externen Meldestellen für Hinweise in den Ländern. Die Länder folgen nämlich bei der Einrichtung der externen Meldestellen auf Landesebene dem am Materienrecht ausgerichteten Konzept, dass nur die behauptete Verletzung landesrechtlicher Vorschriften die Zuständigkeit einer externen Meldestelle des Landes begründet – nicht daher die Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften durch eine Behörde oder Stelle des Landes oder der Gemeinde. Diese Lücke gilt es durch eine ausdrückliche Regelung zu schließen. Zu diesem Zweck ist abweichend vom persönlichen Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 zu normieren, dass auch Personen in beruflicher Verbindung zu einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband oder zu einem von einer dieser Gebietskörperschaften eingerichteten Rechtsträger bei Behauptung der Verletzung einer bundesrechtlichen Vorschrift ihren Hinweis dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geben müssen.